¡nFORMat¡on

Ein Blick auf die Hälfte der wohlständigen Welt und der Gedanke kommt auf, dass alle verrückt geworden sind.



In den Vereinigten Staaten trompetet Donald Trump mit seinen Minions am laufenden Band ohne jede Rücksicht auf Wahrheit und Wahrhaftigkeit “Fake News” heraus. In Deutschland skandieren Menschen mit Hitlergruß “Lügenpresse, Lügenpresse!”, in Holland und Frankreich musste bei den letzten Wahlen um Europa und die Demokratie geschwitzt werden, Polen und Ungarn sind als freiheitliche und europäische demokratische Rechtsstaaten kaum noch zu erkennen.


In den Internetmedien tobt der Ideologienkrieg und die Medien greifen die allgemeine Entrüstung und Gegenentrüstung in einer Weise auf, dass es schwer fällt, noch nachhaltige Berichterstattungen über und Diskussionen um andere Themen als Trump, die AfD, die Flüchtlingsproblematik zu finden – und das, obwohl solche dringend nötig wären. Weder die Klimakatastrophe, noch der globale Ressourcenmangel und die Probleme im, mit und durch das moderne Prekariat (vom Welthunger ganz zu schweigen) lassen sich einfach so beiseite schubsen.


Kann durch Konzentration auf Randthemen freiheitlich demokratisches Denken gelernt werden oder kommen wir, wenn wir uns freiwillig in Randthemen entführen lassen, immer mehr von dem weg, was Gesellschaft lernen muss, um sich freiheitlich demokratisch zu verhalten? Durch Angst zu unterhöhlen ist die Methode des Terrorismus. Warum erlauben wir Ideologen, unsere Kommunikation zu dominieren? Ist es der eigene ideologische Impuls? Wie kommt es, dass wir wissen, dass wir mit anhaltend abgrenzenden Gegenreaktionen das Phänomen nur noch verstärken, und es trotzdem tun?


Was ist los?


Ich könnte die allgemeine Erklärnot – meiner Ansicht nach Teil unserer Selbstbekräftigung in Abgrenzung – bedienen und (im Hinblick auf den deutschen Teil der Problematik) über die DDR philosophieren oder die unbequeme Frage stellen, warum eigentlich weder Hartz IV- noch Rentenproblem in die Diskussion um die neuen Nazis und die AfD lösend einbezogen werden. Das lasse ich aber und stelle eine ganz andere Frage: die nach dem Informationsbegriff. Ich will damit Auftrieb zu systemischer Perspektive liefern, die uns nicht als “die Guten” aus dem Problem herausnimmt und eine tiefliegende Schwierigkeit anvisiert … dass nämlich Information nicht das ist, wofür die meisten sie halten, und dass das, wofür sie sie halten, gar nicht geht.


Die deutschen konstruktivistischen Systemiker oder systemischen Konstruktivisten (einfach lässt sich das hier bei uns nicht mehr unterscheiden) analysieren in diesem Problemkreis Fragen der Komplexität und der Kontingenz. Einige gehen so weit zu behaupten, dass es auch seriöser Journalistik nicht mehr gelingen kann, “News” oder “Fakten” zu liefern, weil wir nicht mehr entscheiden können, was das “ist” und was nicht. Dabei segelt so mancher hart am Wind des Flachlandrelativismus, während andere sich bemühen, in der Polyvalenz eine Chance zu erkennen. Die Frage danach, was “Fakten” eigentlich sind, kommt auf, aber die wichtigere Frage danach, wie wir überhaupt Information machen, was Information für uns ist und was nicht, die wird nicht – oder nur unzureichend – gestellt und noch nicht diskutiert. Da scheint sich die überwiegende Mehrheit mit dem zufrieden zu geben, was Niklas Luhmann dazu (Gutes!) geschrieben hat und wiederholt es mit mehr oder weniger hinreichender Genauigkeit … einige produzieren dabei Matsch.


Meiner Ansicht nach ist der Ansatz, auf Komplexität und Kontingenz zu verweisen, durchaus funktional. Ich habe dafür, wie man lernen kann, mehrdimensioniert und differenzierter zu denken, in Im Gleichschritt Marsch Beispiele gegeben und außerdem Ansätze dazu geliefert, den ideologischen Impuls in uns allen besser zu fassen, seine Funktion und Leistung zu begreifen und sich selbst in komplexere und differenziertere Perspektive zu stellen. Doch das allein reicht noch nicht, denn es macht eine basale Schwierigkeit nicht klar.


Um die Sache auf den Punkt zu bringen, müssen wir über Information reden und fragen, was wir eigentlich darunter verstehen wollen, denn augenblicklich sieht es nach meiner Beobachtung so aus, dass Menschen versuchen, sich zu informieren und – noch schlimmer – sich gegenseitig zu informieren. Dabei scheitern sie eben nicht nur an Komplexität und Kontingenz, sondern schlicht und ergreifend daran, dass sich im landläufig verstandenen Sinne niemand informieren und erst recht niemand irgend jemand anderen informieren kann.


Insofern ist jeder Versuch, anderen dabei zu helfen, sich “richtiger” (oder zumindest funktionaler) zu informieren, zum Scheitern verurteilt. … Es sei denn, wir schaffen einen funktionalen Informationsbegriff, der dann dabei helfen kann, sich vor allem zuerst einmal bewusst zu werden, dass das, was wir als Information nutzen und wie wir es tun, von uns selbst abhängt und dass wir daraus folgend nur uns selbst, aber niemand anderen informieren können. Mehr noch sind uns Art und Weise, Umfang und Qualität der Selbstinformation häufig gar nicht (einfach) zugänglich. Würden wir immer nur bewusst entscheiden, wir könnten nicht einmal Fahrrad fahren. Wir sind auf automatisierte Selbstinformation, auf automatisierte geistige Prozesse und Körperfunktionen angewiesen.


Invisibilisierung ist eine evolutionäre Errungenschaft.


Dass wir uns selbstreferenziell organisieren, ist eine fundamentale Erkenntnis aus dem Konstruktivismus. Der lässt sich natürlich leugnen, aber ich würde gern dabei zuschauen, wie mir dann jemand erklärt, dass es mir in meinem ganzen Leben noch nie gelungen ist, in jemand anderen eine Information hineinzuproduzieren. Wäre das (anders)möglich, müsste ich mir bei manchen Themen nicht mehr so den Mund fusselig reden. Da kommt auch die interessante Frage auf, in was für einer Welt wir dann eigentlich leben würden. Ich könnte unter solchen Bedingungen direkt in Ihr Erleben, Ihre Psyche eingreifen, und wir alle könnten per Knopfdruck die Gesellschaft verändern … aber ich fürchte, solche Systeme sind evolutionär nicht sonderlich sinnvoll. Bei Blattläusen ergibt Klonen noch Sinn – in komplexeren Systemen zeigt sich Autopoiese in ihrer individuellen Ausformung und der daran wachsenden Komplexität als funktionale Lösung und evolutionärer Vorteil:


Wenn menschliche Gesellschaften und menschliche Psychen nicht informationell geschlossen operierten, verlöre die Art Mensch Variations- und Selektionsmöglichkeiten in Evolution. Sie ginge der Vielfalt und Fähigkeit, sich unterschiedlich und aus unterschiedlichen Richtungen an neue Probleme anzupassen, verlustig. Das Individuum stärkt evolutionäre Resilienz der Art. Das wirkt nicht nur für Menschen, sondern auch für Löwen und Gazellen. Wenn Klonen in den letzten 4 Milliarden Jahren erfolgreicher als Individuierung gewesen wäre, dann müssten wir viel mehr hochentwickelte sich klonende Arten auf unserem Planeten haben. Das ist aber nicht der Fall. Und sich klonende Arten sind in der Regel gegenüber Krankheitsbefall und drastischen Veränderungen im Environment viel anfälliger, da sie nicht so schnell mit Selbständerung reagieren können. Ihre Stärke liegt in Massenreproduktion, aber es fehlt ihnen an Variations- und Selektionsmöglichkeiten.


Eine Gesellschaft, die in geklonten Perspektiven denkt, die Individualität nicht begreift und die informationelle Geschlossenheit übersieht oder zu ignorieren versucht, ist natürlich viel anfälliger gegenüber destruktiven Ideologien, weil diese einfach durchgereicht werden können. Es ist für das Überleben von Gesellschaften wichtig, Konditionierungsprozesse und -maßnahmen (wie zum Beispiel auch Hartz IV) kritisch zu handhaben, denn sie schaffen in ihrer Eskalation die Topologie für destruktive ideologische Strömungen.


Das Problem, dass andere mit anderen Entscheidungen und Vorstellungen von Welt herumlaufen (die unserer Ansicht nach möglicherweise die “falschen” sind) lässt sich nicht lösen, indem wir den Menschen erklären, was die “richtigen” und was die “falschen” Informationen sind. Es lässt sich nicht lösen, wenn wir glauben, dies sind “Fake-News” oder Fabrikationen der “Lügenpresse”.


Ich kann Information nicht in andere hineinproduzieren.


Systemisch betrachtet ist Information für das System ein/das (System)Ereignis, das Systemzustände selegiert. Was ein lebendes System als Information verwertet, wissen wir und auch das System selbst immer erst hinterher (häufig wissen wir/das System es nicht einmal dann, weil invisible und/oder komplexe Entscheidungen/Entscheidungsprozesse im Spiel waren). Die Ereignisse, die informativ wirken, werden vom System hervorgebracht. Gedanken anderer können für mich nicht entscheidend sein. Auch Wörter und Geräusche sind nur dann für mich Möglichkeiten zur Information, wenn ich daraus ein Ereignis mache. Manchmal, wenn ich intensiv über einen Artikel nachdenke, spricht mein Mann mich an und ich bekomme das gar nicht mit. Ereignisse müssen Systemereignisse sein, damit sie informativ wirken können. Wenn ich durch den Wald gehe und ein Baum fällt um, kann das für mich Systemereignis werden, ob das auch für die Ameise einen Kilometer weit entfernt der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt. Der Satz “Denk selbst!” ist eine absurde Aufforderung: Wir können gar nicht anders, als selbst zu denken. Er gehört ersetzt durch: “Reflektiere Deine Selbstinformation!”


Drösel ich das weiter auf, meint “Ereignis, das Systemzustände selegiert” nicht nur das, was ich gerade gesagt habe, es meint auch, dass niemand vorher sagen (und vorhersagen) kann, was das jeweilige System als Information ansieht und verwertet und was nicht. Eltern können das täglich erfahren. Sie erleben, dass ihre Kinder nicht tun, was sie ihnen sagen. Wir Erwachsenen (?) scheinen solche Erkenntnis jedoch umgehend wegzuwerfen, sobald die politische oder die ideologische Diskussion beginnt. Was das angeht, tun wir uns schwer damit, unsere tagtäglichen Erfahrungen bewusst wahrzunehmen und aus ihnen zu lernen. Jedoch kann Bewusstheit dafür zu schaffen sich als Methode erweisen, um den inneren und äußeren Frieden zu stärken.


 




Bei einfachen Maschinen funktioniert es noch, dass wir sie direkt programmieren können, und sie dann (hoffentlich) so wirken, wie wir uns das vorstellen. Hier ist es noch möglich, vorherzubestimmen und die Informationsreferenz so zu begreifen, dass wir die Information in die Maschine hinein geben, die dann die nächsten Systemzustände selegiert. Bei Menschen (und erst recht menschlichen Psychen) und Gesellschaften können wir das vergessen. Und es gibt heute bereits komplexe Maschinen, bei denen das auch nicht so einfach geht …


Wie ich in How does System function/operate gezeigt habe, müssen Systeme sich einfach weiter entwickeln, damit wir sehen können, was sie wie als Information verwertet haben. Das macht Emulation zu einem hilfreichen Instrument der Analyse, unter welchen Bedingungen welches System in etwa was machen wird, unter welchen Bedingungen sich welche FORM wie ausentwickelt/ausdifferenziert. Ich kann nicht hingehen und meinen, etwas eindringlich genug oder klar genug zu kommunizieren, und dann erwarten, dass andere entsprechend reagieren oder gar spuren. Wer so denkt, denkt in Zwängen. Solchem Denken folgende Resultate sind Faschismus und Totalitarismus. Es handelt sich dabei um ein Bildungsproblem und um ein ganz erstaunliches noch dazu, denn die tägiche Praxis mit all unseren kleinen und großen Streitereien zeigt, dass das intendierte Ziel so nicht erreicht wird, aber die meisten es dennoch weiter versuchen …


Das Wissen um die Konsequenzen aus Autopoiese ist in die Massen nicht vorgedrungen, es spiegelt sich nicht in den täglichen Diskussionen in Medien und Internetmedien. Zwar weisen viele Soziologen und Philosophen auf das Komplexitätsproblem, aber dass bereits mit einem dysfunktionalen Verständnis von Information gearbeitet wird, bleibt weitgehend unbesprochen.


Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass immer noch mit teilweise ganz merkwürdigen Grätschen versucht wird, den Informationsbegriff in den systemischen Kommunikationsbegriff mit hineinzuzwängen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, denn sowohl soziale wie auch psychische Systeme operieren informationell geschlossen. Nehme ich den Informationsbegriff mit in den Kommunikationsbegriff hinein, habe ich das Problem, dass in der einzelnen Kommunikation bereits enthalten sein könnte, dass und wie sie zum selektiven Ereignis für das System wird, sich weiter auszudifferenzieren. Das würde bedeuten, dass eine Einzelkommunikation über systemische Entwicklung deterministisch/determinierend entscheiden kann. So läuft das aber bei lebenden Systemen nicht.




Soziale Systeme operieren informationell geschlossen. In ihnen ausdifferenzieren sich Subsysteme und Teilsysteme, die sich informationell mehr oder auch weniger spezialisieren. Entsprechendes kann ich auch an/in Psyche(n) interpretieren/beobachten.


Manche Subsysteme verdichten/spezialisieren ihre Informationsprozesse so sehr, dass viele oder gar die meisten Ereignisse des Systems in ihnen nicht mehr selektiv wirksam werden können. Die Börse beispielsweise hat sich dank Digitalisierung und Vernetzung in Wirklichkeitsemulation entsprechend entwickelt. Auch wenn wir mit Gruppen von Nazis reden, merken wir, dass zwar die Tatsache, dass wir etwas sagen, verstanden wird, aber der Inhalt wird nicht als Neuigkeit verwertet, sondern nur zum Grund genommen, bereits etabliertes Denken weiter zu stabilisieren. Und ähnliches passiert auch seitenverdreht: Viele Menschen, die durchaus berechtigte Befürchtungen im Kontext der Migrationsproblematik formulieren, müssen in Internetdiskussionen erleben, dass das, was sie für wichtige Information halten, für andere nur zu der Selbstinformation gereicht, sie in die Riegen der Rechten oder der Nazis einzusortieren.


Auch sind manche psychische Subsysteme für einiges offen, für anderes weniger, und manche Psychen (wie beispielsweise im Fall der Multiplen Persönlichkeitsstörung) bilden Subsysteme aus, die informationell kaum noch durchlässig für die Gesamtpsyche sind.




Je nachdem, was ich unter “Mensch” verstehen will, kann ich ihn als selbstreferenzielles System mit eigenem Informationszyklus betrachten oder als Menge von verschiedenen Systemen und als informationell offen(er). Unter “Person” verstehe ich FORMen zwischen Psyche und Sozialsystem, für die einige InFORMationen unzugänglich bleiben (beispielsweise die Psychen anderer Personen), andere nicht (beispielsweise äußere Merkmale anderer). Personen können in Kommunikation informativ wirken, (ihre) Psychen jedoch bleiben einander und der Kommunikation (auch dabei) unzugänglich. Personen lassen sich psychische oder soziale Merkmale zuordnen. Ich kann auch Unternehmen – zumindest zum Teil – als Person(en) begreifen.


Wenn man denkt, dass man mit Kommunikation Kommunikationssysteme steuern kann, ist man schief gewickelt: Man lässt sich konditionieren und nutzt die Möglichkeiten freier Entscheidung nicht. Die Sucht, neue Informationen zu bekommen, hat mit der Angst zu tun, ein wichtiges selektives Ereignis zu verpassen. Dabei unterscheiden Viele nicht zwischen Nachricht, Neuigkeit, Daten, News und Information. Aus den Vereinigten Staaten schwappt auch zu uns dieser Wahnsinnsgedanke herüber, dass, wenn wir etwas nur als “News” ausweisen, jeder sich damit befassen muss. Rechte denken, Linke seien uninformiert und dumm, kurzsichtig und naiv, umgekehrt gilt dasselbe.


Journalisten können Nachrichten liefern. Ob diese vom Einzelnen oder von Gruppen oder gar der Gesamtgesellschaft als Nachrichten interpretiert werden, hängt schon von der Bereitschaft ab, sich damit zu befassen. Ob daran etwas Neues gefunden wird, steht in Beziehung zu so vielen individuellen und Gruppenentscheidungen, dass “News” zu rufen, nicht nur arrogant ist, sondern im Grunde eine übergriffige Frechheit. Wer Menschen als abhängige Dummköpfe will, die gleichgeschaltet das tun, was man selbst für richtig hält, hat keinen Sinn für demokratische Prozesse. Dabei spielt die Natur seiner Ideologie keine Rolle – am Ende gilt für alle Ideologien, dass sie gleichschalten und Sicherheitsängste beruhigen sollen.


Der Ausruf “Ich habe Information!” ist ein Konditionierungsversuch.


Wenn ich etwas als Neuigkeit bezeichne, dann erwarten die Leute etwas Neues daran, vielleicht auch einen möglichen Vorteil für sich und eine Gelegenheit dadurch, die vermeintliche Neuigkeit als einer der Ersten zu kennen. Oft ist das Neue aber gar nicht neu, sondern redundant: Mit der Neuigkeitserwartung wird Redundanz verkauft und durchgedrückt. Erreicht wird damit die Konditionierung von Individuen und Gruppen. News und Information werden als Pression benutzt: Du darfst das hier nicht verpassen, Du musst das hier haben. So wird versucht, die Selektion, die nur das System für/aus sich selbst zustande bringen kann, fremd zu steuern. Wenn man das als Mensch nicht unterbrechen kann oder wenn Gruppen das nicht können oder wollen, bringen sie/Sie sich in Abhängigkeit von vermeintlichen News und vermeintlichen Informationen und von ihren/Ihren Konditionierern/Dompteuren.


Ja, die Aufgabe der Journalisten, ist Nachrichten zu liefern. Aber ihre Aufgabe besteht nicht darin, die Gehirne ihrer Leser zu waschen. Dennoch haben auch Journalisten die Freiheit zur Weltanschauung und zur Ideologie. Nicht nur das: Sie können im Grenzfall gar nicht anders. Deshalb müssen Verantwortung für und Konsequenz der ideologischen Frage vom bewertenden Lieferanten der Nachricht und vom bewertenden Rezipienten der Nachricht getragen/ertragen werden. Wie wir auf Daten und Nachrichten reagieren, ist Angelegenheit unserer eigenen Entscheidung, die wir Automatismen überlassen oder beginnen können zu reflektieren und bewusst zu treffen.



Welche InFORMation(en) konstituiert/selegiert dieses grüne Dreieck in CoOneAnother (und jenes, und jenes, …)?


Welche InFORMation konstituiert/selegiert diesen Glider in dieser lifeFORM?


Welche InFORMation konstituiert/selegiert … in dieser slitFORM?


 …


Was bedeutet nun “Ich habe eine wichtige Information für Dich”?


Was bedeutet nun “Informationsüberschüttung”?


Und was bedeutet nun “Du musst Dich informieren”?



Wir leiden nicht an Informationsüberschüttung, das sollte zu diesem Zeitpunkt klar geworden sein. Wenn überhaupt, können wir von Komplexitätsüberschüttung, Entscheidungsproblemen, Überschuss nicht managebarer Auswahlmöglichkeiten (darin liegt ein konstruktiver Aspekt) sprechen. Das passiert in dem Augenblick, wenn wir das Internet einschalten und uns die Statusleiste von Facebook vornehmen oder bei Google “News” eingeben. Welche Nachricht soll ich lesen? Welche Daten sollte ich interpretieren? Woran will ich mich informieren, meint: Woran will ich mich neu aufstellen? Und wie will ich das tun?


Das sind Fragen, auf die es ankommt und die nicht hinreichend gestellt werden, weil wir uns gegenseitig darauf konditionieren möglichst “informiert zu sein”. So tritt jeder Einzelne das Problem tiefer in die Gesellschaft hinein, indem er Meinung zum Besten gibt und in den Social Media teilt, was er oder sie für informationsrelevant hält.


 




Egal, ob wir Psychen oder Kommunikationssystem(e) nehmen: Der Prozess der Selbstinformation läuft in beiden nach diesem Muster ab. Je weiter wir den Mustern folgen, desto deutlicher wird, wie sich das System auf sich selbst bezieht, wie es seinen eigenen Informationsfluss ausdifferenziert. Ich möchte zur Verdeutlichung von Selbstinformation noch einmal dazu raten zu versuchen, von unseren SelFis und decision- und lifeFORMs zu lernen. Youtube-Channel: WELTFORM-Kanal



Mit jetzt mehr Begriff(en) zur Verfügung wird es möglich, psychische und kommunikative Informationsprozesse differenzierter zu beobachten und zu handhaben.
 Daten können als potenzielle Nachrichten verstanden werden, Nachrichten als Anregungen zur Selbstinformation, News oder Neuigkeiten als das, was für den Einzelnen oder die Gruppe so in der Form noch nie zum Systemereignis wurde. Und wenn wir jetzt noch einen tieferen Blick in Kommunikation hinein werfen, kann deutlich werden, warum es nicht sinnvoll ist, den Informationsbegriff als dritten (oder gar vierten) Teil der Einzelkommunikation mit hineinzunehmen. Es wird uns auch klarer, wenn wir darüber nachdenken, dass wir Einzelkommunikationen nicht einfach so herauslösen können, dass sie auch im simplen Fall noch hochkomplex organisiert und vernetzt sind und dass invisible Entscheidungen, Entscheidungsstrukturen und Entscheidungsprozesse eine wichtige Rolle spielen.




Kommunikation vereinzelt … (dreifache) Selektion aus den FORMen Meinen, Mitteilen und Verstehen. Jede einzelne FORM hat ihren eigenen Informationszyklus. Wie und in welcher FORM diese FORMen selegiert und anschließend als Information verwertet werden, entscheidet das jeweilige System.


Schauen wir uns die Vereinzelung an, behalten aber im Hinterkopf, dass es sich dabei um eine Vereinfachung handelt, von der wir uns nicht verführen lassen sollten zu glauben, es gäbe die hochkomplex vernetzten Kommunikationen und Kommunikationsstrukturen nicht, in denen wir teilweise nicht einmal genau wissen, welche Personen (natürliche oder juristische) an der Kommunikation beteiligt sind, und in denen es auch nicht so leicht fällt Meinen, Mitteilen und Verstehen zuzuordnen.


In Kommunikation nehmen mindestens zwei Personen im fliegenden Wechsel folgende Rollen ein:


Ego versteht, unterstellt Alter ein Meinen und interpretiert Alters Verhalten als Mitteilungsverhalten


Alter teilt mit


Alter muss nicht unbedingt etwas meinen, er/sie muss nicht unbedingt etwas mitteilen (wollen). Es reicht, wenn Ego denkt, dass das passiert. Wir alle kennen diese Situation, dass jemand meint, wir hätten gerade etwas (Bestimmtes) gesagt und darauf reagiert. Viele Streitereien bestehen zu weiten Teilen aus Projektionen. Bei all dem informiert sich der Beobachter selbst, und das gilt auch für soziale Systeme. Ego entscheidet über das Zustandekommen von Kommunikation, aber es ist das Kommunikationssystem selbst, das darüber entscheidet, ob diese Kommunikation später als Ereignis wirksam wird, das Systemzustände selegiert.


Je nachdem wie KommunikationsFORMen fokussieren und miteinander interagieren, konstituieren sich an ihnen andere Systeme, die sich individuell unterschiedlich inFORMieren.


Kein Mitteilender hat Einfluss darauf, was der Verstehende versteht und welches Meinen er ihm unterstellt. Wir können orientieren, nicht aber manipulieren. Das weiß jeder Narzisst, weil er sich nämlich im ständigen Stress befindet, die Druckpunkte zu finden, auf die der andere ansprechbar ist.


Viele nennen unsere heutige Zeit das “Zeitalter der Narzissten”. Wenn ich mir ansehe, wie viele Menschen, überfordert vom Überschuss der Auswahlmöglichkeiten, hingehen und versuchen, mit Hilfe von Rhetorik (mal populistischer, mal ausgefeilter) andere dazu zu bringen, ihre Realitätstunnel, ihre ideologischen Tunnel in die gleiche Richtung zu buddeln, und wenn ich dann daran denke, wie typisch Manipulationsversuche für Narzissten sind, kann ich das nachvollziehen. Ich halte die ganzen Selbstdarstellungsmaßnahmen in den Internetmedien für solche Manipulationsversuche – und überlasse es anderen, über die Motive dahinter zu spekulieren. Was mich wirklich interessiert, das ist nicht, wie ich mit dem Finger auf “dumme Menschen” zeigen kann. Das interessiert mich nicht einmal bei Nazis. Ich halte das für Zeitverschwendung und – noch schlimmer – für dysfunktional und Energieverschwendung … puuuhhh … viel interessanter finde ich die Frage, was ganz grundlegend im Argen liegt, und da erkenne ich in der Begriffsarbeit den Hebel, um das Problem am Kern zu knacken:


In dem Augenblick, in dem eine hinreichend große Zahl von Menschen begreift, dass sie andere nicht informieren können, dass sie in Kommunikation keine Information hineinlegen können, wird sich eine andere Diskussionskultur FORMen: eine freilassende InFORMationskultur.


Bildideen: Ralf Peyn
Bildumsetzung: Peter Hofmann


Die beiden zentralen Referenzen noch einmal zum Abschluss:


Information → Ereignis, das Systemzustände selegiert


Kommunikation → (dreifache) Selektion aus Meinen, Mitteilen und Verstehen