Strange Attraction

Am 07. Mai letzten Jahres ist eine interessante Frage von Fritz B. Simon zum Artikel How does System function/operate 2 leider im Spam-Ordner gelandet:



Wie unterscheidet sich die Dynamik, die Ihr modelliert, von dem, was in der Chaos-Theorie als Strange Attractor bezeichnet wird? Da kommt es ja auch zu Oszillationen oder Rhythmen, wenn die rekursiven Funktionen keinen Fixpunkt finden. Und der Verlauf der Dynamik ist von minimalen Unterschieden des Anfangszustands bestimmt.



Ralf und ich haben uns gestern ausführlich Gedanken darüber gemacht, wie und mit welchem Material wir am besten darauf eingehen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die Hintergründe beleuchten müssen.


Ralf hat daraufhin folgende Antwort formuliert:


In Mathematik, Physik, Biologie, Geologie … Complex Systems Research reden wir von dynamischen Systemen, wenn wir die Entwicklung von Systemen entlang der Zeit beobachten/untersuchen/modellieren.


Ich unterscheide grundsätzlich zwei Modellierungstechniken:


Beschreibung des Systems mit Hilfe von Differenzialen und Beschreibung des Systems mit Hilfe von Rekursionsforme(l)n.


Bei der Beschreibung mit Differenzialgleichungen wird das System als Funktion der Zeit (re)konstruiert.


Bei der Beschreibung des Systems mit Rekursionsforme(l)n wird die Zeit aus dem Vorher/Nachher der Systemzustände, die die Rekursion ausspuckt, gewonnen.


Es ist wichtig zu bemerken, dass Systeme mit universellen Eigenschaften mittels Differenzialgleichungen bestenfalls approximiert, keinesfalls aber vorhergesagt werden können, da Systeme mit universellen Eigenschaften ihre eigenen besten Vorhersagemodelle sind.


Als Oszillatoren bezeichnen wir dynamische Systeme, deren (hin und her) Schwingen oder Springen wir entlang einer gemeinsamen Achse ordnen können. Harmonische Oszillation oder repetitive Oszillation sind Spezialfälle/Idealfälle. In meiner Welt beobachte ich meistens chaotische oder unregelmäßige Oszillatoren.



Light



Sound



Sound


Attraktion kann Eigenschaft eines dynamischen Systems sein. Ein dynamisches System verhält sich attrahiert, wenn es einer bestimmten Menge von Systemzuständen entgegen strebt oder sich für uns relevant beobachtbar in einer bestimmten Menge von Systemzuständen häufiger etabliert als in anderen.


Wir bezeichnen die Punktmenge, die die Attraktion des Systems beschreibt/abstrahiert als Attraktor.


Um das mögliche Attraktionsverhalten eines dynamischen Systems deutlicher erkennen und untersuchen zu können, stelle ich die Zustände des dynamischen Systems im Phasenraum dar oder mappe sie auf eine Weise, die mir nützlich ist, um meine Fragen an das System zu beantworten.




Logistic Map


Wenn ich einen chaotischen Oszillator beobachte und bei der Untersuchung seines Attraktionsverhaltens feststelle, dass er eine unerwartet komplexe und dennoch regelmäßige Trajektorie von Systemzuständen formt, nenne ich diese Form/Punktmenge strange attractor.



Lorenz-Attraktor



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Hénon-Attraktor


Um herauszufinden, welche(s) Attraktionsverhalten/Attraktionsformen SelFis/lifeFORMs/mindFORMs produzieren, müssten/könnten wir sie darauf hin untersuchen. Wir gehen davon aus, dass insbesondere einige mindFORMs von seltsamen Trajektorien angezogen werden könnten.


Der Vorteil davon, Systeme über allgemeine Eigenschaften und Ähnlichkeiten zu vergleichen, liegt auf der Hand: Wir können mit unterschiedlichsten Systemen lernen, das Funktionieren unterschiedlichster Systeme besser zu begreifen, und dabei, wenn auch ganz unerwartet und zu unserem eigenen Nutzen, auf Erkenntnisse und Resultate von Forschern und Forschung in einem ganz anderen Gebiet als dem unseren zugreifen.


So funktioniert systemisches Forschen und Wissenschaften.


Die Unterschiede zwischen SelFis, lifeFORMs und mindFORMs und anderen dynamischen Systemen liegen darin, wie, woraus und woran wir unsere Systeme konstruiert haben. SelFislifeFORMs und mindFORMs sind aus Erkenntnislogik und FORMenlogik entsprungen. Den Konstruktionsprozess haben wir in uFORM iFORM und in der Artikelserie How does System function/operate beschrieben.



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